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Demokratie geht uns alle an. Joachim Glaubitz mit einem Vortrag am DORNAHOF.
Am Dienstag, den 29. April, fand im Einrichtungsverbund DORNAHOF im Freizeitgebäude Altshausen ein informativer Vortrag statt mit dem Titel „Das Land rückt nach rechts? Einfluss der extremen Rechten auf Gesellschaft und Politik“. Referent war Joachim Glaubitz.
„Im DORNAHOF setzen wir uns täglich mit unserer Arbeit für Menschen ein, die sich in beruflicher oder in sozialer Hinsicht am Rand der Gesellschaft befinden. Und weil Demokratie, Menschenrechte und Solidarität das Fundament einer gerechten Gesellschaft bilden, sind diese Werte für uns unverzichtbar. Die politische Entwicklung betrachten wir mit Sorge, auch in Hinblick unserer Klientinnen und Klienten. Deshalb haben wir einen Referenten eigeladen, der nicht nur über die Situation spricht, sondern auch Lösungsmöglichkeiten anregt“, so der DORNAHOF Vorstand Volker Braun und die pädagogische Geschäftsführerin Ulrike Wachter. Rund 40 Mitarbeitende waren zu der Veranstaltung gekommen.
Joachim Glaubitz beschäftigt sich beruflich seit über 10 Jahren mit dem Einfluss der extremen Rechten auf Gesellschaft und Politik und verfolgt die Entwicklung aufmerksam. Weil diese sehr viel mit Sprache zu tun hat, beginnt er seinen Vortrag mit einem Exkurs zum Thema Sprache. Sprache habe einen immensen Einfluss darauf, wie wir unsere Umgebung und andere Menschen wahrnehmen und sie wirke sich auch direkt auf unser Handeln aus – zum Beispiel auf unser soziales Verhalten. So schaffe Sprache Realität. Es gäbe Begriffe, die früher Empörung ausgelöst hätten und heute stillschweigend hingenommen werden. „Diese schleichende Verschiebung öffnet die Türen für eine Normalisierung rechter Ideologien. Es gibt keinen Moment, an dem Faschismus plötzlich da ist – es ist ein schleichender Prozess“, so Glaubitz.
Ein besonderer Fokus liegt hierbei in der medialen Instrumentalisierung. Hier führte Glaubitz eine Reihe von Beispielen an und unterlegte diese auch mit Mitschnitten aus Reden von Politikern. „Ein bestimmter Wortschatz wird partout wiederholt, bis die entsprechenden Begrifflichkeiten und Narrative selbstverständlich erscheinen. So wird im Sprachgebrauch normal, was früher nicht normal war. Auf diese Weise funktioniert das Andocken rechter Themen in der breiten Gesellschaft.“
Glaubitz erläuterte die sich immer wiederholenden Mechanismen und auch, was der Grund dafür sei: „Es geht darum, das Sagbare zu verschieben. Rechts-alternative Akteur*innen möchten eine Ideologie verbreiten, die (noch) keine Mehrheitsmeinung ist und sich in Teilen auch abseits der demokratischen Grundwerte bewegt. Die Verschiebung geschieht strategisch, schrittweise und kontinuierlich durch ständige Tabubrüche. Die Methoden dafür sind Provokationen, Andeutungen, abwertender Humor und die Umwertung von Begriffen. Ziel ist die Erlangung der Deutungshoheit von Themen.“ Es ist wichtig, diese Mechanismen immer wieder in den Blick zu nehmen, zu reflektieren und die Faktenlage zu bewerten.
Gleichzeitig sieht Joachim Glaubitz für jeden Einzelnen hier auch die Chance, dem zu begegnen. Drei Ebenen des Handelns stellte er in den Mittelpunkt: „Man muss die Mechanismen erkennen, indem man sich fragt, wie Sprache, Medien und Politik auf einen wirken. Darüber hinaus ist es wichtig, sich einen Überblick über die Fakten zu verschaffen. Und man sollte rechtsextremen Parolen vor Ort direkt entgegentreten.“
Gleichermaßen ist es unerlässlich, sich weiter solidarisch für den Schutz von Betroffenen rechtsextremer Anfeindungen einzusetzen und eigene Themen solidarischer, menschenrechtsorientierter Praxis weiterzuentwickeln und darüber zu berichten. Nicht zuletzt müssen wir uns klar machen, dass demokratische Mitbestimmung nicht an der Wahlurne endet, sondern bei jedem von uns im Alltag stattfinden kann und muss – am Stammtisch, bei Festen, im Ehrenamt und bei vielem mehr.
Zum Referenten Joachim Glaubitz: Er ist freiberuflicher Referent im Bereich Rechtsextremismus, Trainer im Projekt Firewall (Amadeu Antonio Stiftung), Referent Flucht/Asyl Diözesan Caritasverband Rottenburg-Stuttgart und Anti-Bias Trainer.